Stand 2023, Leon
„Den ganzen Tag vor’m Bildschirm“
Sätze wie „Leg doch mal dein Handy weg“ oder „Mach doch mal was mit deinen Freunden“ hat vermutlich jede*r schon einmal von den eigenen Eltern zu hören bekommen. Aussagen wie „Du bist den ganzen Tag vor’m Bildschirm“ oder „Mach‘ doch mal was Ordentliches“ sind nicht nur unfair, es fehlt auch eine ganze Menge Kontext. Hier mal ein paar Argumente, falls ihr diese Diskussion demnächst zum millionsten Mal führen müsst. Bildschirmzeit ist ein leidiges Thema, mit dem wir alle nur ungern konfrontiert werden. Im Prinzip ist uns allen klar, dass wir extrem oft vor einem Bildschirm hängen und wir mittlerweile in vielerlei Hinsicht von unseren Geräten abhängig sind. Damit ist nicht gemeint, dass wir alle krank oder gar süchtig sind, sondern, dass wir Teile unseres Lebens ohne ein Stück Digitales nicht mehr gestalten können.

Positive Abhängigkeit
Was hätten beispielsweise Schüler*innen während der Pandemie gemacht, wenn es keinen Online-Unterricht gegeben hätte? Ein weiteres Beispiel sind die Banken: Rund 97% aller 16- bis 49-Jährigen nutzen Online-Banking. Ist super bequem, aber was ist, wenn mal das Handy verloren oder kaputt geht? Dann braucht man erstmal ein neues Gerät und muss von der Bank neue Unterlagen für die Einrichtung anfordern. Eigentlich beginnt die Diskussion sogar schon viel früher: Sind wir mal ehrlich, wer benutzt heutzutage noch einen richtigen Wecker, der auf dem Nachttisch steht? Egal ob Wecker, Schule oder Geld überweisen – unsere Gesellschaft ist auf digitale Services angewiesen.
Durchschnittlich 3,5 Stunden pro Tag
Doch Bildschirmzeit ist nicht gleich Bildschirmzeit. Im Jahr 2022 verbrachten alle Zwölf- bis 19-Jährigen im Durschnitt 204 Minuten pro Tag im Internet, also knapp dreieinhalb Stunden. Wie schon angedeutet, brauchen wir unsere digitalen Endgeräte für vielerlei Zwecke im Alltag. Und die Schule aus dem Homeoffice ist selbstverständlich nicht gleichzusetzen mit dem Netflix-Abend in unserer Freizeit. Das heißt also nicht automatisch, dass wir alle täglich dreieinhalb Stunden Binge-Watching betreiben, sondern auch Dinge wie Hausaufgaben, Mails oder Lesen können dazuzählen.
Nicht immer vom Schlimmsten ausgehen
Statistiken behandeln meist entweder einen einzelnen Aspekt der Bildschirmzeit oder zählen diese als Ganzes. Außerdem gibt es immer auch individuelle Unterschiede. Die Grenzen verschwimmen also schnell, wenn es um Bildschirmzeit geht. Dazu kommt der Aspekt des Multitaskings: Man kann selbstverständlich auch problemlos Hausaufgaben erledigen und im Hintergrund Musik laufen lassen – zählt das jetzt als Arbeit oder als Freizeit oder als beides? All das gilt es eigentlich zu berücksichtigen, aber das ist komplizierter als es fürs Erste klingen mag. Festhalten kann man, dass es schwierig ist, die verschiedenen Arten der Bildschirmzeit zu trennen. Fakt ist, die bloße Feststellung, dass jemand auf ihr*sein Handy schaut oder am Laptop sitzt, nicht ausreicht für einen neunmalklugen Satz, wie: „Geh‘ doch auch mal wieder an die frische Luft“ oder „Du bekommst noch viereckige Augen“. Wer wirklich interessiert ist, was man so vor dem Bildschirm treibt, sollte sich erkundigen und nicht einfach stupide von einem Stereotyp ausgehen.
Wenn ihr jetzt neugierig seid, hier einmal fünf Tipps, falls ihr eure Bildschirmzeit verringern wollt:
- Den blauen Haken / die Lesebestätigung im Messenger deaktivieren
Die automatisch eingeschaltete Lesebestätigung übt Druck auf einen aus, die Nachricht zu beantworten, sobald sie gelesen wurde. Andernfalls droht der Gedanke, was die Person gegenüber wohl denken könnte, wenn ich eine Nachricht gesehen, aber noch nicht beantwortet habe.
- Push-Benachrichtigungen ausschalten
Wer keine Benachrichtigungen bekommt, guckt nur bei Eigenbedarf aufs Handy. Das kann zwar auch nach hinten losgehen und in Warnzustände ausarten, es kann aber auch beim Abschalten helfen. Wieder das Beispiel Messenger: Man antwortet nur dann, wenn man Zeit und Lust hat, und nicht, wenn man durch die Benachrichtigung dazu angeregt wird.
- Apps deinstallieren
Wenn ihr genau wisst, welche Apps euch nerven, auf denen ihr trotzdem mehr Zeit verbringt als ihr eigentlich wollt, macht kurzen Prozess und löscht sie.
- Räumliche Regeln festlegen
Abends vor dem Einschlafen nur nochmal kurz was checken oder morgens nach dem Wecken erstmal schauen, was während der Schlafenszeit so passiert ist – das kennen mit Sicherheit die meisten. Das Handy mit ins Bett zu nehmen, sorgt für Versuchung noch mehr Zeit zu verplempern.
- Schwarz-Weiß-Modus ausprobieren
Achtung: Es ist nicht der Black-Mode gemeint. Der Schwarz-Weiß-Modus ist genauso retro wie es klingt. Besonders soziale Medien und Games machen Gebrauch von der Farbwelt und sorgen oftmals bei den Nutzer*innen für Reizüberflutungen. Dem kann man damit entgegenwirken, wobei das bestimmt nicht mehr so viel Spaß macht.
So oder so: Schämen sollte sich niemand für die eigene Bildschirmzeit! Am Ende des Tages macht uns allen das Smartphone das Leben um Einiges leichter.